Mittwoch, 19.06.2024 bis Samstag, 22.06.2024
Es sind jetzt erst gerade mal 21 Tage, dass wir „on the road“ sind. Wir haben schon so viel erlebt, dass es uns viel länger vorkommt. Bislang gab es mit dem Auto keine Probleme, jetzt ist zum zweiten Mal an einem Morgen die Anzeige des Reifendrucks vorne rechts abgesunken und das Gerät piept. Nachpusten ist kein Problem, wir haben ja einen guten Kompressor dabei, aber was ist die Ursache? Beim ersten Mal hatte ich den Eindruck, die Messkappe habe sich gelockert und dadurch sei Druck entwichen. Also diesmal Aufpumpen und die Messkappen vorne links und rechts vertauschen, um zu sehen, ob die Messkappe selbst das Problem ist oder etwas anderes.
Auf der I 90 rauschen wir durch flaches bis leicht welliges Grasland nach Butte. Am Horizont in etwa 50 km Entfernung sieht man in der klaren Luft schon wieder schneebedeckte Bergspitzen.
Weiter geht’s nach einem Tankstopp über den Hwy 12 Nord, nach 52 km links ab auf den 141. An der Kreuzung zur 200 rechts ab auf den 83. So nebenbei waren das 3 Bundesstaaten, Wyoming, Idaho und jetzt sind wir in Montana. Die Straßen sind gut und die Landschaft wird immer schöner.
I-Overländer verhilft uns zum nächsten Übernachtungsplatz: „state land“ neben der 83 N 48,09991 W 113,97360, etwa 1,5 km auf einer gravelroad leicht bergauf zu einer Lichtung und Wendeplatz. Wir haben es uns gerade vor dem Auto auf den Stühlen in der Abendsonne bequem gemacht, als ein blauer Pickup anhält, aus dem uns ein Ehepaar auf deutsch anspricht :“Wie habt ihr denn diesen Platz gefunden und wo kommt ihr denn her?“ Wir kommen ins Gespräch und erfahren, dass Jörg vor 60 Jahren aus der Schweiz eingewandert ist und seine zweite Frau, Erika, eine Amerikanerin mit Deutschlehrer als Vater eine Zeit lang in Deutschland studierte. Mit treuen Augen mustert uns Willie, ihr Hund. Spontan laden sie uns ein mitzufahren in ihr Haus, das weiter oben im Wald am Berg liegt, sie würden uns auch wieder zurückbringen. Wir sind begeistert vom Blockhaus der beiden, das sie selbst geplant haben als Oase der Ruhe, als Ausgleich zu ihrem Domizil mit Maschinenbaufirma in Kalifornien. Es ist ein kurzweiliger Abend mit netten Gesprächen und wird schon leicht dunkel, als Jörg uns zu unserem Womo zurückbringt.
Am nächsten Morgen brauchen wir nur noch eine Stunde bis zum Glacier NP Westgate. Wir haben Glück und finden auf dem Fish creek campground Platz für drei Nächte. Die Buchung erfolgt online über die „NPS-App“, wobei uns der freundliche Camp-Host, durchs Programm leitet. Eigentlich ein Platz für Rollstuhlfahrer, den auszuwählen wir uns nicht getraut hätten – aber bevor er leer bleibt, darf er nach 12 Uhr auch anderweitig belegt werden. Ein junger Hirsch (Deer) äst in unserer Nachbarschaft.
Wir werden erneut auf unser Womo angesprochen und das Staunen ist groß, als wir unseren Roller aus der Garage holen. Die Road to the Sun ist zu dieser Jahreszeit noch nicht durchgängig befahrbar und bei der Sperrung am geschlossenen Avalanche Campground haben wir im Gegensatz zu den großen Autos keine Probleme für den Roller, einen Parkplatz zu finden. Wir starten mit einer hübschen „Catwalk Runde“ durch einen alten „Red Cedar“ (Thuja) Wald,
die wir dann ausweiten zu einer Wanderung hinauf zum Avalanche Lake. Viele Menschen sind auf dieser Strecke unterwegs und die Warnung vor Bären ist sicher unbegründet.
Nach 10 km zu Fuß und insgesamt 50 km auf dem Roller sind wir dann um 20.00 Uhr Ortszeit wieder auf dem Campingplatz.
Das Wetter ist auch an den nächsten beidenTagen herrlich. Morgens noch recht frisch klettert das Thermometer gegen Mittag auf 22°C – angenehm zum Wandern. Am Freitag frühstücken wir gemütlich, genießen die Ruhe am Platz und brechen gegen Mittag zu einer kurzen Wanderung zum Rocky Point auf. Der Wanderweg ist nur 2 km lang und startet direkt am Campingplatz Fish Creek. Von oben hat man einen herrlichen Ausblick auf den Lake Mc Donald.
Wir hätten auch unser Kayak aufpumpen und einen Ausflug zu Wasser unternehmen können, aber wir haben noch keine Schwimmwesten und ohne fühle zumindest ich (Christiane) mich unsicher, denn wir haben noch keinerlei Erfahrung mit Kayakfahren. Es geht anders als Kanufahren und wackelt mehr, die Erfahrung machten wir letztes Jahr bei der Premiere auf der Lahn. Zudem muss man in USA und Kanada mit allem, was sich auf dem Wasser bewegen lässt, eine „Waterinspection“ durchführen lassen – für jedes Gewässer wieder neu. So soll das Verschleppen und Einwandern nicht endemischer Arten verhindert werden. Damit werden wir erst in Kanda starten.
Am Samstag machen wir zunächst Pläne für die Weiterreise. Im Wells Gray Provincial Park haben wir auf dem Clearwater Lake Campground vom 1. bis 7. Juli einen Platz reserviert: C15, den einzigen, den es Ende Juni/Anfang Juli zu reservieren gab. Das passt gut, da können wir uns vorher noch etwas Zeit für den Icefield Parkway nehmen.
Am Nachmittag fahren wir mit dem Roller noch einmal ein Stück auf der „Going to the Sun Road“ hinauf bis zu den Mc Donalds Falls. Dort führt eine Brücke hinüber und man kann sehr schön und gamz allein am Fluss entlang wandern. Bären nicht in Sicht, aber ein hübsches Deer äst im Sonnenlich auf einer kleinen Insel. Übrigens: Für das Befahren der Straße – nur in West – Ost Richtung und nur zwischen 6.00 AM und 3.00 PM – muss man zwischen dem 24.05.24 bis 08.09.24 mit einem Tag Vorlauf im Internet täglich eine Genehmigung beantragen.
Es waren drei schöne, erholsame Tage hier im NP, endlich mal kein Motorbrummen, stattdessen viel Bewegung. Trotzdem habe ich einen fürchterlichen Hals. Warum? Ein Wespe hat mich vorgestern auf dem Roller erwischt und unter dem Kinn in den Hals gestochen, der langsam aber sicher zu einem wunderbaren Kropf anschwoll. Joghurtwickel, kalte Umschläge, Kortisonsalbe und ein Antihistamin sorgten dafür, dass es heute nicht mehr ganz so kriminell aussieht. Aber dann gibt es da noch den wirklich kleinen, unsichtbaren Stein vor unserem Womo, über den ich drüberfalle und mir rechte Wange, rechtes Kinn, Nase und Lippen aufschürfe. Tja – noch nichts mit wiedergewonnener Schönheit. Ein Foto? Im Blog? Auf gar keinen Fall, aber gerne vom Übeltäter.
Morgen wollen wir dann erst mal wieder zurück nach Kanada.