Vom Boya Lake bis Stewart – weiter auf der # 37

Standard

Samstag, 6. August bis Montag 08. August 2022

Wieder einmal erleichtert uns das Wetter den Abschied. Es ist immer noch sehr windig und bedeckt, also kein gutes Kanuwetter.

Den ersten Stopp machen wir nach knapp 40 Kilometern in „Jade City“. Ein hochtrabender Name für einen Familienbetrieb von etwa 20 Personen, der hier seit den 1980 er Jahren Jadesteine fördert und bearbeitet. Der Laden ist recht clever aufgezogen mit „Free coffee, Wifi und overnight RV-parking“. Wir erinnern uns noch gut an „Punamu“ – wie Jade bei den Maoris genannt wird -und die Preise dort. Hier ist alles 3 mal so teuer und auch nicht schön gearbeitet – Massenware eben, so dass wir ohne die Angebote zu nutzen schnell weiterfahren.

Wir kommen nur langsam voran und haben auch wieder eine lange Baustelle dabei. In Dease legen wir nach 160 km einen kleinen Tankstopp ein und bewundern wieder einmal den zur Tankstelle gehörenden Laden, in dem von Lebensmitteln über Kleidung, Werkzeugen und Freizeitartikeln alles erhältlich ist.

Nach weiteren 110 Kilometern haben wir die Fahrerei für heute satt und übernachten im Kinaskan Lake Provincial Campground. Die Park-Campgrounds kosten in BC alle 20 CAD und bieten keinen Strom, meist keine Dumpstation, sondern viel Platz zum Nachbarn, Pit-Toilets – mit Toilettenpapier und Desinfektionsmittel und wenige Wasserzapfstellen. Sie sind sehr gepflegt durch Ranger, die täglich die frei werdenden Parzellen und Einrichtungen reinigen.

Wie gut, dass wir hier nicht gezeltet haben, denn just auf das für Zelte auf unserer Parzelle vorgesehene Areal stürzte in der Nacht ein vom Wind abgebrochener schwerer Ast mit vielen Tannenzapfen.

Am nächsten Tag scheint wieder etwas Sonne, die einen wunderschönen Straßenrandsaum aus gelbem Klee zum Leuchten bringt. Die Landschaft wird immer schöner, die Berge um uns herum höher, die Schneereste immer häufiger, die Straße immer besser.

Wir machen Strecke! Gegen 13 Uhr haben wir 210 Kilometer geschafft und sind in Meziadin Junction. Die Tankstelle ist recht teuer und die angezeigte Dumpstation nicht zu sehen – also durchstarten, wir wollen in Stewart eh auf einen Campingplatz „mit alles“. Doch 50 Meter hinter der Kreuzung auf der 37 A –Stopp! Bär! Unser erster Grizzly hat am linken Straßenrand gewartet und überquert hinter uns seelenruhig die Straße und lässt noch ein schönes Foto von sich aufnehmen, bevor er im Gebüsch des Hanges verschwindet.

Nach einer weiteren halben Stunde führt uns die Straße am Bear Glacier vorbei oder dem, was noch von ihm übrig ist. Vor hundert Jahren soll er noch bis an die Straße gereicht haben.

Nun ist es nicht mehr weit bis Stewart und unsere Handys beginnen aufgeregt zu piepen, weil sie nach 3 Tagen erstmals wieder Netzempfang haben. Es geht hinab bis auf Meereshöhe. Stewart liegt an einem ewig langen Pazifikfjord und ist der nördlichste eisfreie Hafen Kanadas. Doch ansonsten ist das Nest eine Enttäuschung. Die Anlage rund um das Visitorcenter ist hübsch und in Schuss – aber die 5th Av, die Hauptstraße, an der es liegt, ist ausgestorben und ein Haus mit Schild „For Sale“ reiht sich ans nächste. Sonntagabend essen gehen – ja wo denn? Wir wählen den zentralen kommunalen Campground und checken für 2 Tage ein. Ein Abendspaziergang, nachdem der Internetzugang ausgibig genutzt war, bestätigt den ersten Eindruck.

Hurra, die Sonne scheint! Dumpen, während wir 1/2 Stunde in der Warteschleife von BC-Ferries hängen, um eine Inside Passage zu buchen vergeblich! Dann auf nach Alaska. Das ist hier ein Kinderspiel und ohne Einreisekontrolle möglich, denn Hyder, 5 km weiter am westlichen Ende der gleichen Bucht, gehört zu Alaska und damit zur USA. Allerdings gibt es keine Straßenverbindung von Hyder in den Rest von Alaska.

Hier gibt es zwei Sehenswürdigkeiten: Den Fish Creek und den schon wieder in Kanada, BC; liegenden Salmon Glacier.

Für die Aussichtsplattform des Nationalparks Fish Creek muss man eine Genehmigung kaufen, die es nur im Internet gibt oder gegen US Dollar im Andenkenladen. Hier wandern jedes Jahr im August tausende Lachse herauf zum Laichen und das wissen nicht nur die Touristen, sondern auch die Bären. Neben Beeren mögen Bären auch Lachse. Aber als wir um 11 Uhr ankommen, war noch keiner zum Frühstück da und auch bis zum Mittag tut sich an Bären nichts.

Da versuchen wir doch erst mal zum Salmon Gletscher zu fahren – versuchen, weil es eine schlechte gravelroad ist. Von „geht so“ über „Waschbrett“ bis „Schlaglöcherpiste“ ist auf 35 Kilometern alles dabei. Unser Kleiner schafft das – mit einigem Ächzen und Schaukeln und ganz, ganz langsam, teilweise im Schritttempo kommen wir in 1100 M Höhe an und haben einen tollen Ausblick auf den Salmon Gletscher.

Leider sind wir etwas zu spät zurück. Entgegenkommende Leute berichten mit glänzenden Augen von zwei Grizzlys, die eine tolle Vorstellung geliefert hätten, Lachse gefangen und miteinander gerauft hätten. Wir warten noch einmal 1,5 Stunden vergebens auf Bären, bevor wir nach Stewart zurückfahren. Diesmal mit Grenzkontrolle. Wir müssen bei der Wiedereinreise nach Kanada unsere Pässe und unsere Impfzeugnisse vorlegen.

Zum krönenden negativen Abschluss des Tages ist um 20.30 Uhr unser schon bezahlter Platz besetzt von Teilnehmern einer Reisegruppe. In der Rezeption ist auch per Telefon niemand mehr zu erreichen und wir müssen uns notgedrungen einen anderen Platz suchen – zwei sind noch frei, die wollte keiner haben.

Vom Watson Lake zum Boya Lake

Standard

Mittwoch, 03. August bis Freitag, 05. August 2022

Es hat die ganze Nacht geregnet und auch am Morgen nieselt es noch. Bevor wir weiterfahren, schauen wir uns die Badestelle an und trotzen dem Wetter, indem wir schwimmen gehen. 17°C! Brrr- aber es geht – das ist Training für den anstehenden Winter ohne russisches Gas.

Da die Provincial Campgrounds oftmals keine Entsorgungsstelle haben, fahren wir noch einmal nach Watson Lake zurück und nutzen dann auch gleich das WLAN des Visitorcenters für unseren Blog. Dabei stellen wir fest, dass wir den „Schilderwald“ noch nicht gebührend gewürdigt haben. Mit einem heimwehkranken Soldaten, der beim Bau des Alaska Hwys eingesetzt wurde, soll 1942 alles angefangen haben. Er nagelte als erster ein Schild seines Heimatortes an einen Baum und fand viele Nachahmer. Inzwischen sind es mehr als hundertausend Nummernschilder, Ortsschilder, Namensschilder. Auch ein Ortsschild von Limburg ist dabei.

Bevor wir weiterfahren in Richtung Whitehorse, halten wir noch mal an der TAGS (gut für alles) und tanken Gas. Dieser Laden ist einfach Chaos pur.

Nach ca. 30 km biegen wir ab auf den Stewart Cassiar Hwy #37. Immer wieder gibt es kräftige Regengüsse. Landschaftlich gibt die einsame Strecke wenig her. Vor Jahren muss hier ein verheerender Waldbrand gewütet haben. Übrig geblieben sind schwarze, kahle Fichtenstämme und von unten wächst Buschwerk nach. 85 Kilometer nach der Kreuzung- wir sind inzwischen wieder in BC – biegen wir links ab zum 2 km entfernten Boya Lake Provincial Campground. Der See soll wunderschön, klar und kanugeeignet sein. Wir finden noch einen hübschen Platz # 8 im Wald, die Plätze am See sind alle belegt. Um 19 Uhr kommt die Rangerin und kassiert 20 CAD Campinggebühr.

Am nächsten Morgen sieht der Himmel freundlich aus, Platz #29 am See wird frei, wir ziehen um und meinen, wir haben hier den schönsten Platz gefunden.

Zwei Stunden später sind wir mit einem Kanu auf dem Wasser. Traumhaft! „Ta Ch‘ Ila“ – „Blanket full of holes“ haben die First Nations diesen See in ihrer bildhaften Sprache genannt. Die Decke ist der See, die unzähligen Inseln darin die Löcher. Seine satte, mal türkise, mal smaragdgrüne Farbe lassen uns aus dem Schwärmen gar nicht mehr herauskommen. In dieser wunderbaren, friedlichen Landschaft hoffen wir inständig, dass sie erhalten bleibt.

Am Nachmittag schwimmen wir, rücken unsere Stühle in die Sonne, genießen lesend und sitzen später wieder am Lagerfeuer.

Am Morgen ist es sonnig, aber frisch, deshalb machen wir einen Spaziergang am Seeufer entlang. Hier ist Beerenzeit: Saskatoonbeeren, wilde Johannisbeeren und Bunchberries reifen heran und müssen ein Festessen für die Bären sein, denen wir aber ein paar wegstibitzen.

Wieder zurück am Platz ist der Himmel bedeckt, aber wir wollen noch einmal Kanu fahren. Ein Platznachbar hat uns von einem Biberdamm erzählt, den man sowohl zu Fuß, als auch mit dem Kanu erreichen kann. Den Wasserweg ziehen wir entschieden vor, hier quälen uns keine Schnaken. Auf dem Weg dorthin begegnen wir zahlreichen Biberburgen, die alle den gleichen Aufbau zeigen: Ein ameisenbauartiger Hügel aus Baumstämmen am Ufer, vielen Holzstämmen, die ins Wasser hineinragen und die Eingänge zur Burg verbergen. Ein aufgetürmter Lehmhügel mit Belüftungsöffnung schützt vor Feinden und hält im Winter warm.

Der Damm ist etwa 30 m lang, besteht seit 15 Jahren und staut einen Teil des Sees, in dem der Wasserspiegel ungefähr 1,50 m höher ist als in dem Teil, den wir befahren.

Wir umfahren viele bewaldete Inselchen und sind nach zweieinhalb Stunden wieder zurück. Inzwischen ist starker Wind aufgekommen und kein Sonnenstrahl findet mehr durch die Wolkendecke. Da sitzen wir dann lieber im Womo.

Bären lieben Beeren

Standard

Dienstag, 2. August 2022

Vor dem Frühstück pilgern wir noch einmal zu der heißen Quelle, die heute Morgen richtig dampft. Eine halbe Stunde genießen wir das warme Wasser, bis es uns zu heiß wird. Das Wetter ist leider nicht freundlich und als wir weiterfahren, nieselt es.

Die heiße Quelle

Die Berge verschwinden mehr und mehr, um einer Hochfläche, den Liard Plains, Platz zu machen und die Landschaft ist nicht mehr so reizvoll. Dafür begegnen wir auf der Strecke 3 Schwarzbären: Die erste Begegnung verläuft ganz wie die vorherigen und der Bär ist gleich wieder im Gebüsch verschwunden. Der Zweite, rechts am Hang der Straße, lässt sich bei seinem Frühstück nicht stören. Er frisst rote Beeren von den Büschen .

Der Dritte ist ein Feinschmecker, er weidet genüsslich ein Himbeerfeld auf der linken Straßenseite ab. Wir können gut beobachten, wie er mit seiner Tatze die Ranken zum Maul biegt und sie dann abschlürft.

Nach etwa 210 Kilometern erreichen wir Watson Lake im Yukon. Erwartet hatten wir ein hübsches Städtchen mit Grün und Blumen, einen hübschen Campingplatz mit Waschmaschinen an einem See.

Tatsächlich treffen wir auf ein kilometerlanges Straßennest mit ein paar Tankstellen, 2 Supermärkten, 2 abstoßend hässlichen RV-Parks auf einer schlammigen Stellfläche, zwei Laundries und einem Visitorcenter, in dem wir von einem Territorial Park „Watson Lake Campground“ in 8 km Entfernung erfahren. Dort gilt „first come first serve“, deswegen fahren wir erst dorthin, beschlagnahmen den Platz # 49 und fahren dann zurück. Die Waschmaschinen finden wir in einem Laden „TAG“, in dem Tankstelle , Supermarkt, Schnellimbiss – oder nennt es sich doch Restaurant – und Laundrie unter einem Dach vereint sind.

Zusammen mit anderen warten wir das Wasch- und Trockenprogramm ab und versuchen die Zeit für den Blog zu nutzen. Doch das Internet ist so schwach, dass wir kaum Fortschritte erzielen. Danach dumpen wir im „Stadtpark“, gleich neben dem „Downtown RV-Park“ und kaufen noch einmal ein, bevor wir zurück in den Park fahren. Die Feuerstelle können wir wegen des Regens heute nicht nutzen.

Am Platz haben wir sogar Internetempfang mit dem es leidlich gelingt, das „Heute Journal“ der letzten 3 Tage nachzuholen.

Liard Hot Springs

Standard

Montag, 1. August 2022

Obwohl wir ziemlich direkt am Alaska Hwy nächtigen, der einzigen Straßenverbindung nach Norden in den Yukon und nach Alaska, stört kein Verkehr die Nachtruhe. Das mag daran liegen, dass hier sehr vor Nachtfahrten wegen der Wildtiere gewarnt wird. Insbesondere Bisons, die knapp bis zu einer Tonne wiegen können, die gerne auch mal auf der warmen Straße schlafen und eine ausgesprochene Nachttarnfarbe haben und deren Augen bei gesenktem Kopf auch nicht im Scheinwerferlicht aufleuchten, sind der Grund für schlimme Unfälle.

Bereits um 9 Uhr sind wir on the road again – nicht ohne vorher noch einige Bilder der Morgenstimmung eingefangen zu haben.

Wir bewegen uns hier durch die Ausläufer der nördlichen Rocky Mountains. Nach etwa 50 Kilometern treffen wir beidseits der Straße auf eine Bisonherde mit mehr als 50 Tieren, darunter auch einige Jungtiere, die sich bereitwillig fotographieren lassen.

Kurz darauf, wir sind hier nach etwa 350 km Fahrt wieder am Liard River angelangt, überraschen wir einen Schakal am Straßenrand beim Frühstück, wie er eine Maus verspeist. Das lässt man nicht so einfach zurück, um neugierigen Fotografen davonzulaufen.

Noch über die Brücke auf die andere Flussseite und dann sind wir auch schon am Liard Hot Springs Provincial Park. Dort treffen wir ein abreisendes Paar aus München im Allradhymer, das mit uns am 1. Juni, vor 2 Monaten also, sein Auto in Halifax aus dem Hafen geholt hat. Sie wollen noch weiter nach Alaska und evtl. auf den Dempster Hwy. Wir suchen uns den schönsten Platz, Nr 4, richten uns ein und gehen baden.

Über einen 700 m langen Boardwalk geht es über ein Sumpfgebiet zu einem Naturbecken mit warmem, am Einlauf auch heißem Wasser. Nach dem warmen Bad tut ein Mittagsschlaf gut und danach machen wir einen Spaziergang am Platz und lesen in der Sonne vor dem Womo.

Tageskilometer :                65 km

Fahrzeit :                              80 Min

Auf dem Alaska Hwy #97

Standard

Sonntag, 31. Juli 2022

Da wir gestern beim Grenzübergang NWT / BC wieder eine Stunde gut gemacht haben, sind wir zeitig wach, gemessen nach der BC-Uhr, und fahren noch vor dem Frühstück zum Visitorcenter. Aber auch hier gibt es nur Schneckeninternet, sowohl über den Handyprovider Telus als auch über das Wifi des Centers.

Na gut, während des Frühstücks haben die Bilder Zeit zum Hochladen. Dann machen wir den Blog fertig und holen uns noch Informationen für den nächsten geplanten Reiseabschnitt: den Alaska Hwy hinauf bis nach Watson Lake. Damit waren wir dann auch im Yukon, den wir ja 2016 ausführlich bereisten – aber noch etwa 436 Kilometer von Whitehorse entfernt. Das soll dann diesmal unser nördlichster Punkt auf dem Alaska Hwy werden, bevor wir uns auf dem Stewart-Cassiar Hwy #37 wieder in den Süden machen Richtung Stewart und Prince Rupert.

Die ersten 80 km von Fort Nelson aus sind sehr gut zu fahren, dann wird die Straße zunehmend schlechter und hat häufiger Baustellen, gleichzeitig zieht es sich mehr und mehr zu mit tief hängenden Wolken. Bei einem kurzen Picknickstopp auf dem Summitpass, 1290 Meter über NN, ist es kühl und regnerisch. Danach wird die Landschaft immer schöner, aber die umgebenden Bergspitzen sind teilweise von Wolken abgeschnitten oder ragen ein anderes Mal schon wieder aus den Wolken oben hervor. Auch einen stärkeren Schauer kriegen wir ab.

Auch Tiere sind am Straßenrand, ein Kariboo und eine Bergziege sehen wir nur, wie sie von der Straße im Gebüsch verschwinden – aber – eine Elchkuh, die an einem kleinen See neben der Straße grast, ist sehr fotogen.

Gegen 18 Uhr nehmen wir Quartier neben zwei kanadischen Womos auf einem Parkplatz am Straßenrand, nachdem der Provincial Campground 3 km zuvor am Muncho Lake voll belegt war. Die Gegend und der See sind zu schön, um bei Regen nur durchzuschmettern – wir hoffen auf etwas Sonne für morgen, die sich am Abend denn auch schon mal vorsichtig zeigt.

Tageskilometer:     247km         

Fahrzeit:                   4h 40‘           

Durchschnittstempo: 53km/h

Von Fort Providence zurück zum Mackenzie Hwy #1 und über Jean Marie River zum Liard Hwy #7

Standard

Freitag, 29. Juli 2022

„Den Liard Hwy wollt ihr fahren ? Ja, geht, aber ohne zwei Ersatzreifen nicht zu empfehlen“. Andere meinten: „Kein Problem. Ist ein bisschen holprig aber sonst gut.“ Was stimmt denn nun? Tatsache ist, dass es auf der gesamten Strecke ab Fort Providence kein Netz gibt. Außerdem soll sehr wenig Verkehr sein, besonders auf dem Liard. Wie lange müssten wir warten, wenn wir Hilfe bräuchten? Langer Rede kurzer Sinn: Wir fahren heute Morgen los.

Zunächst wieder 30 km Baustelle bis zur Kreuzung Yellowknife Hwy #3 – Mackenzie Hwy #1. War auf dem Hinweg schon übel und heute nicht besser.

Dann die erste Überraschung: Der Mackenzie Hwy, der auf der Karte als Gravel Road eingezeichnet ist, ist asphaltiert und in gutem Zustand. Juchu!

Doch man soll sich nie zu früh freuen. Bei Kilometer 35 beginnt sie dann, die Gravel Road. Manchmal geht’s gut, man kann 70 km/h fahren, manchmal aber auch nur 30 bis 40 km/h. Einsam ist die Strecke überhaupt nicht. Viele Baustellenlaster kommen mit Speed und Staubfahne entgegen oder überholen. Dabei spritzt ein Stein an die Frontscheibe und sie hat erneut ein kleines Loch, ärgerlich, denn sie ist erst im Herbst ausgetauscht worden.

Die Landschaft ist öde: Bäume, Büsche und Gras sind mit grauem Staub bedeckt, kein Tier weit und breit zu sehen, auch keine Raben, die sonst immer eifrig ihre Straßenreinigungsdienste ausführen.

Cirka 80 km vor Jean Marie River halten wir im Saamba Deh Falls Territorial Park und erkundigen uns nach dem Straßenzustand des Liard. „Very good! Yes you can do it with your car, sure“. Na dann – let‘s go!

Nach 155 Kilometern Schotterpiste, 100 km vor Fort Simpson verschlägt es uns die Sprache. Ruhe kehrt ein, die Straße ist plötzlich asphaltiert und wir kommen wieder schneller voran. In Jean Marie River wollten wir eigentlich übernachten, aber nichts sieht einladend aus, also doch noch ein Stück weiter – es ist 16.30 Uhr und den Liard testen. 90 Kilometer sind wir ihn bisher gefahren, wunderbarer Straßenzustand, zwar Schotter, aber kein Gehoppel. Verkehr ist wirklich kaum, aber doch genug, dass man im Zweifelsfall Hilfe erhalten könnte. Wir finden ein wunderbares Plätzchen für die Nacht und freuen uns, dass alles so problemlos lief.

Tageskilometer:                 315 km

Fahrzeit:                               6 h 25 Min  

Durchschnittstempo:       46 km/h

Über Fort Liard bis Fort Nelson am Alaska Hwy #97

Standard

Samstag, 30.Juli.2022

Unser Übernachtungsplätzchen war gut gewählt.

Wir fahren weiter Richtung Fort Liard. Bäume und Büsche links und rechts der Straße sind so hoch gewachsen, dass man kaum einen Blick auf die Berge erhaschen kann. Man fühlt sich ein bisschen wie hinter grünen Mauern.

Im Blackstone Territorial Park machen wir einen kurzen Stopp, nutzen das Internet im Visitorcenter, machen ein paar Fotos und flüchten dann schnell wieder vor den unzähligen Schnaken.

Cirka 20 Kilometer vor Fort Liard treffen wir auf eine größere Bisonherde mit Jungtieren. Bei 30 hören wir auf zu zählen. Diesmal sind es Kühe mit ihren Kälbern. Die Bullen sind oftmals Einzelgänger.

Fort Liard mit seinen 400 Einwohnen ist absolut unattraktiv. Wir erreichen es nach einem Abzweig von 5 Kilometern, weil wir tanken müssen. Das Visitorcenter, wo man angeblich wunderschöne Handwerkskunst der Aboriginals (so nennt man hier die Ureinwohnener) kaufen kann, ist geschlossen und sieht verkommen aus. Wir fahren noch zum Flussufer, wo der breite helle Liard River mit dem dunklen Petitot River zusammenfließt.

Dann wieder zurück auf den Hwy 7, auf dem jetzt eine lange Baustelle beginnt und man nur noch mit höchstens Tempo 30 km/h vorankommt. Immer wieder sehen wir Bisons am Straßenrand. 20 km vor der Grenze zu BC freuen wir uns dann über die Weiterfahrt auf Asphalt.

Einen Schwarzbären entdecken wir auch. Leider tappt er ziemlich eilig von uns weg und als das Tele aufgesetzt ist, ist der Bär fast weg.

Der kleine schwarze Rest von einem Bären

Wir wollen eigentlich auf dem Alaska Hwy nordwärts fahren, entscheiden uns dann aber für 30 Kilometer Umweg nach Süden, um in Fort Nelson noch einmal alles aufzufüllen und unser total verdrecktes Womo zu waschen.

Es gibt einen sehr hässlichen Campingplatz direkt am Hwy und viele Schilder, die Overnight Parking verbieten. In einem Wohngebiet finden wir beiden Senioren vor einem Seniorenheim ein Plätzchen am Straßenrand, wollen unseren Blog aktualisieren und – haben kein Internet. Shit happens.

Tageskilometer :                388 km

Fahrzeit :                              8 h 03 min

Durchschnitt:                      48 km/h

Auch am Visitorcenter ist das Internet so schnell, dass man zwischen dem Hochladen zweier Bilder eine tasse Kaffee trinken kann.

NWT Diamond and Jewellery Centre  –  Zurück bis Fort Providence am Mackenzie River

Standard

Donnerstag, 28. Juli 2022

Bedeckter Himmel und leichter Sprühregen machen uns den Abschied von Yellowknife leichter -. der Name soll darauf zurückgehen, dass die hier lebenden Indianer kupferne = gelbe Messer benutzten, als die ersten Europäer hier eintrafen. Wir wollen aber vor der Abreise noch die jüngste hier aufblühende Industrie näher kennenlernen.

Nachdem die Goldvorkommen erschöpft waren, entdeckten Geologen in den hiesigen Gesteinsformationen etwas, was in und um die Diamantminen in Kimberley, Südafrika, bekannt wurde und Kimberlite genannt wurde. Diese Gesteinsart kann Diamanten enthalten. Also begann die Suche nach der Kimberlite-Ader, die sich auszubeuten lohnt. 300 km nördlich von Yellowknife – hier werden Entfernungen allgemein in Zeit angegeben, die man zu ihrer Überwindung braucht, d.h. die Mine ist 40 Flugminuten entfernt von Yellowknife- wurde man fündig und errichtete die Diavik Mine. Dort wird im Tagebau mit anschließender vollautomatischer Aufarbeitung und Sortierung das Kimberlite-Gestein abgebaut und auf dem durch einen großen kreisförmigen Damm trocken gelegten Boden eines Sees verarbeitet. Schweres Gerät und Vorräte können nur im Winter über sogenannte Eisstraßen auf Flüssen und Seen dorthin gebracht werden. Der angegliederte, für Boeing 737 nutzbare Flughafen ist nur für leichte Güter und Personal bestimmt. Es wird rund um die Uhr gearbeitet in 12 Stundenschichten und 14 Tage non stop, dann geht’s für 14 Tage nach Hause.

Mittlerweile ist Kanada der 5 größte Diamantenproduzent weltweit. Allerdings werden mehr als 50 % der Diamanten für die Industrie produziert.

Hier gibt’s mehr Infos dazu: https://www.iti.gov.nt.ca/en/mine-market

Dies wird uns von einer netten Dame im NWT Diamond and Jewellery Centre in der 49 Straße vorgestellt. Wir können uns aber zurückhalten und kaufen keine Diamanten, die übrigens alle eine bei starker Vergrößerung lesbare Kennnummer und ein Ahornblatt als Zertifizierungskennzeichen tragen.

Danach machen wir uns auf den Weg nach Süden zurück bis an den Mackenzie River auf den Fort Providence Territorial Campground. Diesmal sehen wir auf den 320 Kilometern nur 8 Bison Einzelgänger. Am Lagerfeuer mit Blick auf den Sonnenuntergang über dem Fluss schreiben wir diesen Blogeintrag.

Yellowknife

Standard

Dienstag, 26. und Mittwoch 27. Juli 2022

Nach all der vielen Fahrerei ist jetzt mal eine Verschnaufpause angezeigt. Wir verlängern die Buchung auf insgesamt 3 Nächte und müssen dazu leider auf dem Platz umziehen – von #60 auf #63 – noch näher an den Strand. Mittags versuchen wir dann auch mal das Baden – ich komme an dem ganz flachen Sandstrand, an dem viele Kinder planschen und spritzen gerade mal bis zu den Knien ins Wasser, während Christiane es bis zum Schwimmen schafft.

Direkt vom Platz aus geht ein geologischer Lehrpfad „Prospector‘s Trail“ über eiszeitlich glattgeschliffene Felsen als Rundweg 4 km durch lichten Kiefernwald und ein Moor. Es gibt an der Rezeption zwar eine Broschüre zu dem Trail, aber unterwegs stehen nur Wegweiser und keine Erklärungstafeln. Trotzdem kann man interessante Entdeckungen machen, wie etwa den Hinweis auf ein Erdbeben durch den etwa 30 cm breiten Versatz in einer eingeschlossenen Quarzader. Überhaupt gilt der Grundsatz: Wenn eine Gesteinsschicht eine andere durchdringt, dann ist sie jünger als die durchdrungene. Ziemlich abrupt wechselt dann der Fels von schwarzem Diabas zu hellem Granit. Ein Sprung in der Geschichte von 100 Millionen Jahren, die der Granit jünger ist – sagt die Broschüre. Auch diejenigen, die sich mehr für Landschaft und Ausblicke interessieren, kommen auf dem Pfad auf ihre Kosten – einschließlich einer tollen Skyline von Yellowknife.

Anschließend fahren wir mit dem Roller noch einmal zum Farmer’s Market in die City.

Am Abend sitzen wir mit Bernard und Sophie vor unserem Womo am Lagerfeuer und philosophieren.

Das Wetter ist nicht mehr so toll und wir lassen es gemütlich angehen. Tanken, Einkaufen, Ver-, Entsorgen, Roller wieder einladen, und eine kleine Reparatur an der Eingangsstufe stehen auf der to-do-Liste.

Am Abend sitzen wir wieder mit Bernhard und Sophie an deren Stellplatz zusammen und beratschlagen ob wir gemeinsam den Liard Hwy versuchen wollen. Vom Nachbarplatz, den man nicht einsehen kann ertönen, laute Stimmen. Erst halten wir es für Kindergeschrei, dann klingt es mehr nach Streit unter Erwachsenen. Unter lauten Worten wird eine Autotür zugeknallt, das Auto gestartet und dann rast es mit maximaler Beschleunigung an der Einfahrt zu Bernhards Parkbucht vorbei .50 Meter weiter, der Weg macht eine Linkskurve fährt es geradeaus weiter und kracht durch Gebüsch einen Abhang hinunter.

Wir stürmen hin. In der Furcht, das Auto könnte Feuer fangen, zerren Bernhard und ich eine junge Frau der indigenen Bevölkerung aus dem Fahrzeug. Sie war nicht angeschnallt, aber zum Glück haben Airbags, die jetzt die Bergung erschweren, wohl das Schlimmste verhindert. Sophie ruft die Polizei und Rettung herbei – 911 – ist hier in Kanada die Notrufnummer.

Die Frau macht einen verwirrten Eindruck – Alkohol ? – Drogen? Sie steht auf , taumelt, beschimpft uns und will uns fortjagen. Derweil sieht Bernard nach der zurückgebliebenen Frau auf dem Zeltplatz, die wohl in einem ähnlichen Geistes-Zustand ist.

Das Notfallmanagement ist grandios und es dauert kein 10 Minuten bis 3 Polizeiautos mit 6 Polizisten und kurz darauf auch ein Krankenwagen eintreffen. Wenig später kommt auch ein Abschleppauto und ein Angestellter des Parks räumt die Campingstelle ab.

Wir werden die Folgestrecke wohl doch nicht gemeinsam angehen, denn Bernrad und Sophie sind RV Neulinge und ihr Auto verfügt nicht über einen Ersatzreifen oder Wagenheber und da wollen sie lieber den 1800 km langen Weg zurück und den Alaska Hwy hinauf nach Fort Nelson nehmen, als die 1000 km kürzere Strecke einschließlich Gravel Road.

Tierreich

Standard

Montag, 25. Juli 2022

Wir starten heute früher in der Hoffnung, mehr Tiere zu sehen. Und schon nach kurzer Zeit treffen wir auf einen einsamen Waldbison am Straßenrand. Nur wenige Kilometer weiter grast eine Herde von 12 Tieren. Interessiert schauen wir zu, wie zwei Bullen ihre „Frauen“ eifersüchtig von den anderen abschirmen.

Auf der Straße haltend beobachten wir dieses Szenario eine ganze Weile, kein einziges Auto kommt entgegen oder überholt.

Immer wieder tauchen kleine Gruppen von Bisons auf. Laut Reiseführer streifen in diesem Areal mittlerweile rund 2000 Tiere umher.

100 Kilometer vor Yellowknife verändert sich die Landschaft. Es wir hügeliger und kurviger, rote Granitfelsen erinnern an die skandinavische Schärenlandschaft. Jürgen entdeckt einen Schwarzbären wenige Meter neben dem Auto, doch als ich zurückfahre, verbschiedet er sich gerade ins Gebüsch.

Scheuer kleiner Schwarzbär

Wir machen eine Mittagsrast am Nort arm Park Day Area, direkt am Sklavensee

Am Nachmittag erreichen wir den Fred Henne Territorial Campground in unmittelbarer Nähe zum Flughafen, 3 Kilometer vor Yellowknife. Wir checken ein, packen den Roller aus und wollen ins Städtchen fahren, da treffen wir an der Rezeption auf ein bekanntes Wohnmobil: Gerade sind Bernhard und Sophie, die wir an meinem Geburtstag im Elk Island National Park kennen gelernt haben, hier angekommen. Sie haben einen Steinschlagschaden an der Windschutzscheibe und hoffen, dass er morgen repariert werden kann.

Man erkennt schnell, dass Yellowknife – seit 1967 Hauptstadt der North-West-Territories, eine erst im 20. Jahrhundert entstandene „Neustadt“ ist. Ältere Siedlungsteile findet man kaum, genauso wenig ein Zentrum. Sein wirtschaftlicher Aufschwung begann mit Goldminen in der Umgebung. Inzwischen sind auch Diamantminen hinzugekommen. Hübsch sind die schwimmenden Häuser auf dem See.

Bei unserer Rundfahrt entdecken wir ein uriges Lokal, an dem außen ein Messingschild hängt und es als ältestes Gebäude von Yellowknife (1937) ausweist. Dort kehren wir ein und essen gut zu Abend.

Um 21.30 Uhr sitzen wir am Lagerfeuer, die Sonne scheint und obwohl Mittsommer schon längst vorüber ist, wird es hier oben nicht dunkel.