Wir lassen es langsam angehen, gegen 12 Uhr verlassen wir den Camping und fahren nach Norden, weiter auf der SH1 bis „Hani i Hotit“ der letzte Ort vor der Grenze zu Montenegro. Kurz davor biegen wir rechts ab und fahren parallel zu Grenze auf der neu ausgebauten SH 20 hinauf in die Berge bis zum nördlichsten Punkt Albaniens in Vermosh – insgesamt etwa 90 km.
Besonders beeindruckend sind die Serpentinen zwischen „Lagjja e re“ und „Grabom“. Wir legen zahlreiche Fotostops ein.
In Vermosh endet die Asphaltstraße und es geht für Offroader weiter auf einer Schotterpiste, die durch Bachfurten ein breites Hochtal erschließt, um dann als Schmugglerpfad nach Montenegro zu enden. Überhaupt war dieses Dorf früher besser über den nahe gelegenen Grenzübergang aus Montenegro zu erreichen als aus Albanien. Da wundert es nicht, wenn das Bier, das uns nach einer schönen Wanderung entlang des Baches erfrischte, aus einer montenegrinischen Brauerei stammte.
Auf der Wanderung begegnen wir freilaufenden Kühen, Schweinen, Schafen , Ziegen, Maultieren und Pferden. Ein lautes anhaltendes Blöken erweckt unsere Aufmerksamkeit. Ein winziges Lämmchen, höchstens 2-3 Tage alt, hatte sich wohl durch einen Lattenzaun gezwängt und konnte jetzt nicht zurück zu seiner Mutter und die Mutter nicht zu ihm. Es gelang uns, das Lämmchen zu packen, das Gatter einen Spalt zu öffnen und Mutter und Kind zu vereinen.
Wir übernachten mitten im Dorf auf einem blinden Stichweg in
eine Grünanlage. In der Kneipe gab es sogar freies WLAN und im ganzen Tal super
Internetempfang LTE.
Es wäre eine wunderbare Nacht gewesen, wenn nicht soooo
viele Hunde rund um unser Womo mit lautem Gekläff ihr Revier verteidigt hätten.
Wir haben keine Wanderwege gefunden und beschließen, unsere
Reise fortzusetzen. An der Brunnenwand am Dorfeingang liegt ein Wasserschlauch und
wir nutzen die Gelegenheit, Salz, Staub und Mücken abzuspritzen, sehen
allerdings selbst anschließend allerliebst aus.
Wir schleichen die Kehren wieder hinab und brauchen bis zur Autobahn SH 1 hinter Fushe-Kruje eineinhalb Stunden. Unser Ziel ist Shkodra und das Gebirge im Nordwesten Albaniens nahe Montenegro. 8 km nordwestlich von Shkodra gibt es am Skutari-See einen vom ADAC empfohlenen Campingplatz, den wir ansteuern (17 Euro pro Tag mit Strom). Hier kann man wunderbar schwimmen und relaxen, der Platz ist sehr gepflegt, die Sanitäranlagen top, im Restaurant gibt es leckeres, preiswertes Essen und gezapfte Halbe für 1,50 Euro. Da kann man nicht am nächsten Tag weiterfahren, zumal die Seitentür im WOMO spinnt und nachgestellt werden muss, damit die Schlösser funktionieren, was nach der Methode „try and error“ -alleine einen halben Tag Zeit beansprucht.
Am Mittwoch unternehmen wir einen Rollerausflug zur Brücke von Mes, 8 km nordöstlich von Shkodra – ein Brückendenkmal aus osmanischer Zeit. 13 Bögen, der mittlere mit einer Spannweite von 21,5 Metern, überspannen hier an einem uralten Handelsweg ins Kosovo den Fluss Kir. Viele, ausnahmslos männliche Jugendliche haben sichtlich Spaß, sich in die türkisblauen Fluten zu stürzen.
5 km weiter flussaufwärts suchen wir die zerfallene Burg von Drish, ohne Erfolg. Vielleich hätten wir uns durch Gestrüpp und Dickicht auf den 313 Meter hohen Hügel hinaufschaffen müssen, rot-weiße Markierungen waren sichtbar, aber wer will schon eine Woche zerkratzte Beine haben? Also wieder zurück zum Campingplatz und noch einmal schwimmen, essen, und ein kühles Gezapftes genießen, bevor wir uns morgen weitermachen ins „Große Bergland“, den westlichsten Teil der albanischen Alpen.
Die Nacht der Überfahrt war stürmisch. Um 8.45 Uhr laufen wir bei Sonnenschein in den Hafen von Durres ein. Die Zöllner und Grenzbeamten sind sehr freundlich winkten uns schnell durch. Liegt wohl an Jürgens Namen – Jürgen? – Ah: Jürgen Klinsmann – ist hier allenthalben bekannt.
Wir wollen zunächst ins Zentrum, um Bargeld zu holen und albanische Telefonkarten. Zentrumsnah, am Stadtstrand, nah des Venezianischen Turmes entdecken wir einen Parkplatz für unser Dickschiff, erledigen unsere Besorgungen und genehmigen uns zum Abschluss den ersten Cappuccino nach langer Zeit. Hier in Durres gewinnen wir den Eindruck, Corona hätte einen Bogen um das Land gemacht. Alles ist geöffnet, Abstand halten Fehlanzeige und der Aufforderung, in Geschäften eine Maske zu tragen, kommt fast niemand nach. Die Lady im Vodafoneladen hat immerhin eine unter dem Kinn!
Später
erfahren wir, dass es auch in Albanien ein staatliches Impfprogramm gibt und
etwa 60% der Bevölkerung durchgeimpft seien. Wer sich nicht zur Impfung melde,
wenn seine Altersgruppe aufgerufen ist, werde später nicht mehr kostenfrei
geimpft!
Nur nicht
zuviel am ersten Tag. Nach 30 km am Meer entlang Richtung Norden, vor dem Kap
Rodon in Fushe-Drac parken wir in einer Pineta am langen Sandstrand vor einigen
neu erbauten Strandrestaurants. Wir essen leckeren frischen Fisch in Tonis
Restaurant – alles sehr preiswert. Selbstverständlich dürfen wir auf dem
Parkplatz übernachten. Als Gratiszugabe erhalten wir sogar orientalische
Livemusik bis irgendwann am frühen Morgen aus dem nahe gelegene Hotel, in dem
eine Lady Geburtstag feiert ( für Insider: Acheronschlucht lässt grüßen-
Fenster diesmal aber heil geblieben!)
Auch am Samstag ist der Himmel blau. Der Parkplatz füllt sich ab 9 Uhr langsam mit albanischen Tagesausflügler-Familien. Uns ist der Wind noch etwas zu kühl um zu baden und wir fahren weiter. Das Navi führt uns über eine wunderbare Hoppelpiste (20km in 90 Minuten) bis Fushe-Kruje. Dort suchen wir die Ruinen der namensgebenden Stadt – Albanopolis, eine Illyrerstadt aus dem 5.Jahrhundert vor Christus. Die letzten 1,5 km gehen wir zu Fuß, Bewegung tut gut und schont das Auto. Schließlich treffen wir auf eine Mauer aus großen rechteckig behauenen Steinen. Ein wahrlich lohnenswerter Ausflug 😊!
Weiter geht
es auf der SH 38 in Serpentinen bergauf bis nach Kruje. Wir schenken uns die
Besichtigung der verfallenen Burg und verzichten auch darauf, durch den
Souvenirbasar zu schlendern. Stattdessen lassen wir unser Womo auf einer
abenteuerlichen Bergstraße etwa 800 Meter höher klettern zum Sari-Saltik, einem
1143m hohen Aussichtspunkt über Kruje, von dem der Blick weit in die Runde und
zurück bis zum Meer reicht. Sari-Saltik, der hier oben in einer Felsspalte
beerdigt wurde, wird als Heiliger verehrt, weil er einen Drachen getötet haben
soll, der bis dato täglich eine Jungfrau verspeist habe.
Mittlerweile
ist es 16.00 Uhr. Wir genießen noch ein wenig die schöne Aussicht und die Sonne
und beschließen, die Nacht hier zu verbringen- hoffentlich ohne Gedudel.
Oh, wie gut
haben wir geschlafen! Keine bellenden Hunde, kein Gedudel, einfach nur
Totenstille. Ob der Heilige dafür gesorgt hat?
Nach dem
Frühstück rollen wir im ersten Gang die unzähligen Serpentinen wieder abwärts.
Unser nächstes Ziel ist der Nationalpark am
Pass Qafe-Shtame, 1227 Meter hoch. Gestern sprach uns auf dem
Sari-Saltik ein Albaner aus Kruje an, der 14 Jahre in der Nähe von Marburg
gearbeitet hat und uns sofort als Limburger identifizierte. „Ja die Straße
dorthin ist gut für das Wohnmobil befahrbar, nur Vorsicht der Rand ist
teilweise abgerutscht. Manchmal ist auch die Fahrbahn stark gewellt und
gesenkt, das sieht man aber. – Weiterfahren nach Burell? Nein das ist nicht gut
für das Auto. Dort gibt es Hotels, Restaurants, Campingplatz, gutes Wasser und
gute Luft. Es kommen Leute dorthin zur Kur.“
Wir schaffen
auf der „guten Straße“, die sich durch eine wunderschöne Landschaft
hinaufschlängelt, einen Durchschnitt von 17 km/h. Damit ist klar, das ist für
uns eine Sackgasse, die Durchfahrt nach Burrel, etwa 10km hinter der Passhöhe
ins nächste Tal scheidet aus. Unterwegs
machen wir Halt an einem Wasserfall und füllen aus der gefassten Quelle daneben
unsere Kanister. Das Wasser hier muss wirklich gut sein und das ist wohl auch
der Grund für die Teerstraße, denn kurz vor der Ortschaft passieren wir eine
moderne Mineralwasserfabrik mit neuen, großen LKWs im Hof.
Der „Kurort“
besteht aus einer Durchgangsstraße mit 5 Bars und Restaurants, 2 Hotels ,
einigen Ferienhäuschen und einer Wiese als Camping. Alles heute am Sonntag,
high noon, sehr gut besucht von albanischen Familien. Wir finden einen
Parkplatz am Straßenrand, packen den Roller aus und fahren erst einmal die
Straße weiter zur Passhöhe.
Dort endet
abrupt der Teerbelag und auch für den Roller ist die Weiterfahrt nicht zu
empfehlen. Wir stellen ihn gerade am Wegesrand ab, um ein Stück weiter zu
wandern, da kommt uns von unten ein weißer G-Mercedes mit Dachzelt entgegen.
Ein junges Pärchen mit Mainzer Kennzeichen hat den Weg aus Burrel herauf
geschafft. Ein Wegstück sei jedoch durch einen Erdrutsch versperrt und sie
hätten über eine einfach durch den Wald geschobene Piste ausweichen müssen.
Wir erlaufen
die Gegend noch eine kleine Weile, bevor wir auf dem Rückweg im Passhöhen-Hotel
zum Essen einkehren. Die Temperaturen sind so, dass wir einen Tisch in der
Sonne wählen und genüsslich Lamm mit Salat verspeisen.
Wieder zurück im Dorf hat sich der Rummel der Tagesgäste schon wieder ziemlich verzogen und wir schauen uns den Campingplatz an und finden alles, was wir brauchen: eine Wiese, Wasser, noch etwas Abendsonne und das alles für:“ No LEK! Free!“ Der umgebenden Bäume wegen, darunter ein blühender Apfelbaum vor dem Auto, fällt der Fernsehempfang heute Abend aus. Dafür haben wir Zeit zum Bericht schreiben. -Aber kein Internet.
Lange haben wir voller Ungeduld darauf gewartet, wieder reisen zu können.
Corona mit allen Einschränkungen ging besonders mir, Jürgen, von Tag zu Tag
mehr aufs Gemüt. Dazu kommt noch verschärfend die Wetterlage mit
Dauer-Aprilwetter seit 6 Wochen. Wann kann man endlich wieder raus und Neues
entdecken?
Jetzt! Und so starten wir am 18. Mai, nachdem wir 2 x geimpft sind und eine
Immunität aufbauen konnten. Albanien ist unser Ziel, das wir eigentlich schon
vor 2 Jahren bereisen wollten.
Die erste Etappe startet um 17.56 bei 13° C bei Sonne mit Regen. Nach 304 km
und 3h 45min haben wir genug vom Dauerregen auf der Windschutzscheibe und
fahren bei Ausfahrt 59 – Mühlhausen – von der A8 ab und übernachten auf dem
Stellplatz in Wiesensteig unweit der Autobahn bei mittlerweile 8,5°C.,
Der Morgen grüßt mit Nieselregen und 7°C – also keine Besichtigung des zum
Stellplatz gehörenden Schlosses. Stattdessen weiter über Ulm und Füssen. Bei
der Einreise nach Österreich ein „wo wollen Sie hin?“ – „Italien!“ – „Gute
Fahrt“ – keine Kontrolle von Papieren, Testzertifikaten oder Impfpässen. Der
Regen lähmt scheinbar auch die Österreicher.
Hinter dem Fernpass – Tanken bei “Dolle“ auf der Passhöhe nicht vergessen,
weit und breit konstant die billigste Tanke auf dem Weg in den Süden – setzt
sich die Sonne zunehmend durch. Von Imst bis Reschen brauchen wir 3 Stunden.
Kontrolle bei der Einreise in Italien ? Fehlanzeige! Niemand zu sehen am
ehemaligen Grenzhäuschen! Der Kirchturm steht noch im See, wenn auch im
abgesperrten Sonderbecken, denn der allgemeine Wasserspiegel liegt etwa 4 bis 5
Meter tiefer. Ein Schneeschauer reicht nicht für die Wiedereröffnung der
Seilbahn, aber um uns weiter zu treiben.
Dann entdeckt Christiane, dass wir uns vor der Einreise elektronisch hätten anmelden
müssen und einen neg. Coronatest vorlegen können müssten und etwas Panik bricht
aus, zumal wir nirgendwo finden, dass Italien doppelt Geimpfte einem negativen
Test gleichstellt. Aber – wer nur auf der Durchreise, max 36h, ist braucht
keinen Testnachweis. Noch einen Test unterwegs machen lasssen?
Da bietet sich Mantua an, wo wir um 21 Uhr auf einem innerstädtischen Stellplatz ankommen und übernachten.
Der Geist des Weines gibt uns vor dem Einschlafen noch ein, dass wir lieber
versuchen wollen, morgen noch um 22 Uhr
in Bari nach Albanien einzuschiffen, anstatt
den nächsten Tag mit der Suche nach einem Testzentrum zu vergeuden, das uns
ohne Terminvereinbarung drannimmt.
Nach Frühstück und Tanken sind wir um 9.00 Uhr wieder auf der Autobahn. Es scheint die Sonne, das Thermometer zeigt 20 °C und es ist wenig Verkehr. Mit einem Durchschnitt von 82 km/h bei einem Verbrauch von 13,3 l / 100 km schieben wir die langweiligen 782 km bis Bari ohne größere Pausen bis 19.15 Uhr durch.
Erst im zweiten Anlauf finden wir den richtigen Eingang in den Hafen. Dort treffen wir dann aber gleich auf das Büro von GNV (Grande Navi Velocy – die Monegassen, mit denen wir schon gute Erfahrungen gemacht haben) und binnen 5 Minuten bin ich mit den Tickets wieder im WOMO. Keine Spur von Corona Sonderregeln. Das dicke Ende kommt gleich: Code-sharing Tickets. Wir werden nicht zu einem Schiff von GNV geleitet, sondern zu einem Seelenverkäufer namens „Marina“ der N-Adria! Die Außenkabine hat 4 Stockbetten, sonst keinen Platz und wird in der Sanitärkabine vom Rost zusammengehalten. Beschweren führt zu einem Kabinentausch, der aber nur geringe Verbesserungen bringt. Wir haben zum Glück eine Medizin mit an Bord gebracht, die uns beim schnellen Einschlafen hilft. Übrigens – Stromanschluss auf der Überfahrt für den Kühlschrank ? – 380 V Starkstrom gerne, aber 230V leider nein- zum Glück stehen wir auf dem Open-Deck und können das Gas anlassen.