Samstag, 24. September 2022
Gegen 15 Uhr wird es uns langweilig und der Umgebungslärm nervt gewaltig. Die meisten Wohnmobile, die in der Nacht hier standen, haben den Parkplatz inzwischen verlassen, da fahren auch wir los. Zunächst auf dem Transcanada Hwy #2 südostwärts mit kräftigem Rückenwind – sehr Sprit sparend! Die ersten 65 km bis zur Abfahrt zum Fort Beauséjour ist kaum etwas von Sturmschäden zu entdecken, aber wir werden von 11 Lkws mit Kran- und Hubkorbaufsatz aus der Provinz Quebec überholt, die wohl alle zur Reparatur von Stromleitungen geschickt wurden und die am Infocenter Nova Scotias an der Provinzgrenze rausfahren.
Etwa 30 km weiter sehen wir am Autobahnrand erste entwurzelte Bäume. Unser Etappenziel ist das etwa 200 km entfernte New Glasgow an der Nordostseite Nova Scotias. Die Autobahn macht dazu einen großen Bogen nach Süden, während ab Oxford die Landstraßen #4 und #246 in gerader Linie die Sehne des Bogens bilden. Auf der #4 mehren sich die umgestürzten Bäume, aber die Straße ist frei. Je weiter wir kommen, desto größer werden die Zerstörungen. 8 km vor Tatamagouche trauen wir uns auf der engen #246 nicht mehr weiter und fahren nach Norden an die Küste auf die #6. Obwohl es noch keine 24 Stunden her ist, dass der Sturm hier durchzog, sind die umgestürzten Bäume schon so zurecht gesägt bzw. beiseite geschafft, dass ein Durchkommen möglich ist, aber die Stromleitungen sind zerstört, Masten umgeknickt wie Streichhölzer, Maisfelder niedergewalzt – hier wir wohl dieses Jahr niemand mehr etwas ernten.
Dächer sind teilweise abgedeckt, Wandverkleidungen abgerissen, Bäume auf Häuser gestürzt, Wohnwägen umgekippt, und überall Menschen beim Aufräumen.
Alles ist dunkel, Strom gibt es keinen, aber viele haben Generatoren. Wir sind erschüttert von den Bildern der Katastrophe – es ist ein Unterschied, ob man das in den Medien sieht, per Fernseher ins gemütliche Wohnzimmer geschickt bekommt oder selbst vor Ort erlebt.
Als wir kurz vor Beginn der Dunkelheit unseren neuen Walmart-Parkplatz in New Glasgow erreicht haben, löst sich die Anspannung etwas, denn unterwegs war es keineswegs sicher, dass wir durchkommen würden.
Hier herrscht Totenstille, der Walmart ist dunkel und verlassen – bis auf ein paar Womos auf dem großen leeren Parkplatz – Blackout! Nichts geht mehr, wenn der Strom fehlt, auch alle anderen Läden rundum und die Ampeln sind stromlos. Für uns erfreulich: Der Handyempfang und damit der Internetzugang funktionieren noch.