Mittwoch, 22.09. bis Dienstag, 28.09.
Es ist kühl und bedeckt und wir entscheiden uns daher, kein Frühschwimmen zu absolvieren, sondern gehen gleich duschen und nutzen ein Sonnenloch fürs Frühstück vor dem Auto. Dabei spricht uns ein Carthagofahrer, der nahe zum Waschhaus steht an und fragt uns nach unseren Erfahrungen mit der Marke aus. Er hat seinen s-plus im Frühjahr für annähernd 1/4 Million neu gekauft und hatte auch schon so seine Probleme. Anspruch und Wirklichkeit klaffen bei Carthago – wie sicher auch bei vielen anderen Marken – manchmal weit auseinander. Immerhin hat uns unser Womo in 6 Jahren von Gibraltar über Marokko bis zum Nordkap mehr als 60.000 km durch dick und dünn komfortabel getragen und beherbergt.
Wie soll unsere Reise weiter gehen? Zumindest einen Teil der Herbstferien wollen wir ja noch gerne mit unserem jetzt Schulkind-Enkel verbringen. Bekommen wir noch eine Fähre von Igoumenitsa mit Camping an Bord? Und – wenn ja, wann? Ist Bulgarien dann noch zu schaffen – oder sollen wir uns auf Nordgriechenland beschränken? Was wollen wir noch alles in Albanien entdecken – und wie verträgt sich das mit den Weiterreiseplänen? Wir studieren Karten und Reiseführer und kontaktieren vor allen Dingen per mail das ADAC – Fährenbuchungsreisebüro in Bad Kreuznach.
Die letzte und einzige noch freie Überfahrt im Oktober von Igoumenitsa nach Ancona mit Camping an Bord sei am 18.10. Abfahrt 23.59 Uhr . Wir buchen sofort und beschließen, die kürzeste Strecke nach Kastoria in Griechenland zu wählen – laut Navi 334 km in etwas mehr als 7 Stunden auf Hauptstraßen und Autobahnstücken über Tirana und den Ohridsee. Zu der Entscheidung trägt nicht unwesentlich bei, dass auf der Seite des Auswärtigen Amtes mittlerweile Albanien als Hochrisikogebiet eingestuft wurde und wir befürchten, die Griechen könnten Ihre Grenzübergänge wieder teilweise oder ganz schließen – wie im Frühjahr.
Es wird den Tag über wettermäßig nicht besser, eher kälter. Wir nutzen auch noch einmal die Waschmaschine (4€ – in Slowenien 7€), lesen und genießen am Abend im Restaurant noch einmal das legendäre Filetsteak.
Als wollte sie uns hier halten scheint am nächsten Morgen die Sonne von einem strahlend blauen Himmel, aber wir bleiben bei unserem Plan. Stau in der Ortsdurchfahrt Shkodra und erst recht in Tirana, das im Zentrum eine einzige Großbaustelle ist. Wir halten nicht für eine Besichtigung an und finden keinen hübschen Aspekt auf der Durchfahrtsstraße.
Die ist eigentlich für 3 Spuren ausgelegt, aber ganz rechts ist belegt von Langzeitparkern und auf der zweiten Spur halten die Kurzzeitparker, die eben etwas am Straßenrand organisieren wollen, nur auf der 3. Spur quält sich der Verkehr mühsam zwischen Motorrädern, Radfahren und Fußgängern hindurch, die mal eben über die Straße laufen. Richtig spannend wird es im Kreisverkehr- rechts prescht jemand vor und versperrt dem Auto im Kreisel die Ausfahrt, links schiebt sich derweil das nächste Auto hinter dem „Rauswollenden“ in den Kreisel damit auch bloß kein zweiter „Rauswoller“ das eigene Vorwärtskommen blockiert. Es ist erstaunlich, dass es nicht laufend knallt, oder dass in einer Totalblockade aller Verkehr zusammenbricht.
Nach einer guten Stunde haben wir die Ortsdurchfahrt gemeistert und befinden uns auf einer gut ausgebauten Autobahn nach Elbasan und dann weiter auf Landstraße über Librazhd zum Ohridsee, wo wir nahe des Dörfchens Lin auf dem gleichen Camping „Erlin“ wie im Mai Quartier finden. Hier blühte die gepflegte Gartenanlage im Mai so üppig, doch jetzt wirkt sie eher vernachlässigt. Der Platz ist 5 Euro teurer als im Juni, spärlich belegt und wir haben den Eindruck, dass es kein richtiges Management mehr gibt.
Nordmazedonien liegt hier vor der Haustür, kurz hinter der Grenze liegt das Monastery Naum, das wir im Frühsommer nicht besucht hatten und da auch die Spritkosten in Nordmazedonien deutlich niedriger sind als in Albanien und Griechenland, etwa 30 bis 40 Eurcent pro Liter, beschließen wir am Freitag einen zusätzlichen Grenzwechsel. Die Kontrollen sind wieder nervig, kaum haben wir die Persos vorgelegt, ertönt ein schnarriges „documenti!!!“ wobei die Zulassungspapiere gemeint sind. Dann noch die green Card, das vaccine – certificate und dann muss noch einer kommen, der die Schranke öffnet.
Das Monastery Naum befindet sich ca. 4 km hinter der Grenze. Es ist frei zugänglich, nur der Parkplatz kostet es 2,5 €. Die Gartenanlage ist wunderschön und sehr gepflegt, entlang einer Seite reihen sich unzählige Souvenirstände, die aber gut ins Gesamtbild passen. Auch die Quellen, die in einem Seitensee, dem little lake, liegen, entdecken wir heute. 6,5 bis 10 m³/s befördern sie . Wir hatten sie nach Albanien verortet und dort natürlich nicht finden können.
Das Kloster ist längst kein Kloster mehr, sondern ein Hotel – Restaurant der gehobenen Klasse. Wahrscheinlich gibt es heutzutage mehr reiche Touristen als fromme Mönche oder Nonnen, die dem Staat mehr einbringen.
Für den Sprit müssen wir dann allerdings noch 22 km bis Ohrid fahren. Während es in Albanien auch in kleinen Dörfern Tankstellen gibt, machen sie sich in Nordmazedonien rar.
Auf dem Rückweg wieder das gleiche Grenzspiel wie zuvor.
Es ist Nachmittag, wir sind geschwitzt und wollen wenigstens einmal im Ohridsee gebadet haben – versuchen es kurz nach der erneuten Einreise nach Albanien, brechen aber frustriert ab, nachdem wir 2 km ( :)) in knietiefem Wasser gewatet sind und noch immer nicht an schwimmen zu denken ist. Also dann auf dem kürzesten Weg zur griechischen Grenze und nach Kastoria.
„EPLF????“ ist die erste unhöflich klingende Reaktion, als ich dem griechischen Grenzbeamten unsere Papiere überreiche. European Personal Locator Form – natürlich kann ich auch damit dienen, mit einem elektronischen Beleg auf dem Handy. Schließlich haben wir uns heute morgen vor der Abfahrt aus dem WLAN von Camping Erlin damit auseinandergesetzt und das Formular elekronisch ausgefüllt. „Covid vaccination ???“ ist die nächste Frage – und als ich die auch noch mit elektronischen Belegen auf dem Handy nachweisen kann, ist er endlich bereit, sich den sonst üblichen Formalien wie Peronalausweis und „Auto-Dokumenti“ zu widmen und schwups winkt er uns durch. Der für Zollformalitäten zustandige Folgebeamte ist Womointeressent: „Open please.“ Er steht in der Tür und leuchtet mit seiner Taschenlampe in den Schlafbereich, natürlich nur, um zu schauen, dass wir niemanden über die EU-Grenze schmuggeln. Aber dann fragt er doch „How much does it cost, such a rolling house?“ – danach wünscht er uns gute Fahrt und öffnet den Schlagbaum.
Im Griechenland beginnt sofort nach der Grenze eine 4 spurige bestens ausgebaute Autobahn, der wir bis Kastoria folgen und dort in einem Vorort am See einen Stellplatz neben Museum und Taverne finden, wie von „Parking4Night“ empfohlen und beschrieben.
Der Wirt der Taverne ist sehr freundlich und zuvorkommend. Wir genießen ein prima Abendessen und erstklassigen Service. Wir bitten auf griechisch um die Rechnung „Ton Loghariasmo paragallo“ und ernten als Dank für diesen Respekt an den Gastgeber noch einen super leckeren Nachtisch aufs Haus. Wir geben ein gutes Trinkgeld und werden mit dem Wohnmobil als „Nachbar“ in die Nacht mit einer Extraflasche Wasser verabschiedet.
Wir haben eine ruhige Nacht und werden erst wach, als die Sonne es schon deutlich über die umgebenden Hügel geschafft hat und bereits ein erster Besucherbus eingetroffen ist. Heute ist shopping angesagt, denn Kastoria ist schließlich Griechenlands Hauptstadt für Leder- und Pelzmanufakturen.
Wir finden einen Parkplatz direkt am See im Zentrum, wo offensichtlich ein NL-Womo auch schon übernachtet hat und schlendern auf der Strandpromenade entlang von Geschäft zu Geschäft.
Hier ist man wohl mehr auf inländische Kunden eingestellt als auf Touris, denn die Außenreklamen sind mehrheitlich in griechischer Schrift angelegt. Es ist nicht viel Kundschaft unterwegs und mancher Laden muss erst noch das Licht einschalten. Im vierten Laden werden wir fündig: Christiane ersteht eine raffinierte Lederjacke in creme-weiß und ich eine in Cognacton für zusammen 270 Euro. Das Ändern der Ärmellänge soll in 3 Stunden erledigt sein.
Wir bummeln weiter und finden gleich darauf einen weiteren Laden mit einer ansprechenden Dekoration. Christiane verliebt sich in ein rotes Teil mit Kapuze, fast mantellang und auf verschiedene Weisen mit Reißverschlüssen zu schließen. Wer weiß, wann wir wieder herkommen, also nehmen wir auch das noch mit.
Während wir auf die Änderungen warten, stocken wir beim hiesigen Lidl unsere Vorräte wieder auf, suchen einen Campingplatz für den Abend, dessen Adresse wir dem Navi eingeben. Gegen 15.30 Uhr verlassen wir Kastoria, fahren wieder auf die Autobahn, weil man da am schnellsten vorankommt und die Umgebung auch nichts Besonderes bietet. Auf einem ACSI-platz in Methoni am Meer übernachten wir für 20 €/incl. Strom, schlafen gut und am nächsten Morgen geht’s weiter.
Sollen wir Thessalonika besuchen? Es soll dort ein interessantes archäologisches Museum geben. Aber wir erinnern uns an den Verkehr in Tirana und beschließen, mit unserem Dickschiff die zweitgrößte Stadt Griechenlands lieber zu umfahren, die absolut richtige Entscheidung, denn wir werden später ein Schweizer Paar treffen, das durchgefahren ist und vom blanken Horror berichtet hat.
Am engen Stil der Halbinsel Kassandra liegt unser nächster ACSI- Camping, den wir ins Navi eingegeben haben. „Ziel erreicht“ meldet es und wir stehen vor zwei Einfahrten nebeneinander, in denen jeweils eine freundlich lächelnde Lady steht und uns zu sich hereinwinkt. Wem soll ich folgen? Gehören die zusammen -oder ist das Konkurrenz? Welcher Eingang gehört zu dem Platz aus dem ACSI-Führer? Der Platz links ist der Richtige und für uns auch besser geeignet, weil er keine Schattendächer hat und und damit Sat-Empfang gewährt – schließlich ist heute Bundestagswahl.
Wir finden ein geeignetes Plätzchen , richten uns ein – nachdem ich geprüft habe, dass wir dort Empfang haben – und gehen erst einmal schwimmen. Den Wahlausgang zu kommentieren erspare ich mir.
Frühschwimmen in einem spiegelglatten Meer von angenehmer Temperatur – danach schmeckt das Frühstück noch einmal so gut. Wir faulenzen, lesen und studieren die Reiseführer zu Chalkidiki, baden, und sonnen uns. Am Abend kommen wir mit unseren schon erwähnten Schweizer Nachbarn 3 Plätze weiter ins Gespäch, setzen uns zusammen, klönen und lassen uns Rotwein schmecken.