Im Land der Skipetaren
21. bis 23.05.2021
Die Nacht der Überfahrt war stürmisch. Um 8.45 Uhr laufen wir bei Sonnenschein in den Hafen von Durres ein. Die Zöllner und Grenzbeamten sind sehr freundlich winkten uns schnell durch. Liegt wohl an Jürgens Namen – Jürgen? – Ah: Jürgen Klinsmann – ist hier allenthalben bekannt.
Wir wollen zunächst ins Zentrum, um Bargeld zu holen und albanische Telefonkarten. Zentrumsnah, am Stadtstrand, nah des Venezianischen Turmes entdecken wir einen Parkplatz für unser Dickschiff, erledigen unsere Besorgungen und genehmigen uns zum Abschluss den ersten Cappuccino nach langer Zeit. Hier in Durres gewinnen wir den Eindruck, Corona hätte einen Bogen um das Land gemacht. Alles ist geöffnet, Abstand halten Fehlanzeige und der Aufforderung, in Geschäften eine Maske zu tragen, kommt fast niemand nach. Die Lady im Vodafoneladen hat immerhin eine unter dem Kinn!
Später erfahren wir, dass es auch in Albanien ein staatliches Impfprogramm gibt und etwa 60% der Bevölkerung durchgeimpft seien. Wer sich nicht zur Impfung melde, wenn seine Altersgruppe aufgerufen ist, werde später nicht mehr kostenfrei geimpft!
Nur nicht zuviel am ersten Tag. Nach 30 km am Meer entlang Richtung Norden, vor dem Kap Rodon in Fushe-Drac parken wir in einer Pineta am langen Sandstrand vor einigen neu erbauten Strandrestaurants. Wir essen leckeren frischen Fisch in Tonis Restaurant – alles sehr preiswert. Selbstverständlich dürfen wir auf dem Parkplatz übernachten. Als Gratiszugabe erhalten wir sogar orientalische Livemusik bis irgendwann am frühen Morgen aus dem nahe gelegene Hotel, in dem eine Lady Geburtstag feiert ( für Insider: Acheronschlucht lässt grüßen- Fenster diesmal aber heil geblieben!)
Auch am Samstag ist der Himmel blau. Der Parkplatz füllt sich ab 9 Uhr langsam mit albanischen Tagesausflügler-Familien. Uns ist der Wind noch etwas zu kühl um zu baden und wir fahren weiter. Das Navi führt uns über eine wunderbare Hoppelpiste (20km in 90 Minuten) bis Fushe-Kruje. Dort suchen wir die Ruinen der namensgebenden Stadt – Albanopolis, eine Illyrerstadt aus dem 5.Jahrhundert vor Christus. Die letzten 1,5 km gehen wir zu Fuß, Bewegung tut gut und schont das Auto. Schließlich treffen wir auf eine Mauer aus großen rechteckig behauenen Steinen. Ein wahrlich lohnenswerter Ausflug 😊!
Weiter geht es auf der SH 38 in Serpentinen bergauf bis nach Kruje. Wir schenken uns die Besichtigung der verfallenen Burg und verzichten auch darauf, durch den Souvenirbasar zu schlendern. Stattdessen lassen wir unser Womo auf einer abenteuerlichen Bergstraße etwa 800 Meter höher klettern zum Sari-Saltik, einem 1143m hohen Aussichtspunkt über Kruje, von dem der Blick weit in die Runde und zurück bis zum Meer reicht. Sari-Saltik, der hier oben in einer Felsspalte beerdigt wurde, wird als Heiliger verehrt, weil er einen Drachen getötet haben soll, der bis dato täglich eine Jungfrau verspeist habe.
Mittlerweile ist es 16.00 Uhr. Wir genießen noch ein wenig die schöne Aussicht und die Sonne und beschließen, die Nacht hier zu verbringen- hoffentlich ohne Gedudel.
Oh, wie gut haben wir geschlafen! Keine bellenden Hunde, kein Gedudel, einfach nur Totenstille. Ob der Heilige dafür gesorgt hat?
Nach dem Frühstück rollen wir im ersten Gang die unzähligen Serpentinen wieder abwärts. Unser nächstes Ziel ist der Nationalpark am Pass Qafe-Shtame, 1227 Meter hoch. Gestern sprach uns auf dem Sari-Saltik ein Albaner aus Kruje an, der 14 Jahre in der Nähe von Marburg gearbeitet hat und uns sofort als Limburger identifizierte. „Ja die Straße dorthin ist gut für das Wohnmobil befahrbar, nur Vorsicht der Rand ist teilweise abgerutscht. Manchmal ist auch die Fahrbahn stark gewellt und gesenkt, das sieht man aber. – Weiterfahren nach Burell? Nein das ist nicht gut für das Auto. Dort gibt es Hotels, Restaurants, Campingplatz, gutes Wasser und gute Luft. Es kommen Leute dorthin zur Kur.“
Wir schaffen auf der „guten Straße“, die sich durch eine wunderschöne Landschaft hinaufschlängelt, einen Durchschnitt von 17 km/h. Damit ist klar, das ist für uns eine Sackgasse, die Durchfahrt nach Burrel, etwa 10km hinter der Passhöhe ins nächste Tal scheidet aus. Unterwegs machen wir Halt an einem Wasserfall und füllen aus der gefassten Quelle daneben unsere Kanister. Das Wasser hier muss wirklich gut sein und das ist wohl auch der Grund für die Teerstraße, denn kurz vor der Ortschaft passieren wir eine moderne Mineralwasserfabrik mit neuen, großen LKWs im Hof.
Der „Kurort“ besteht aus einer Durchgangsstraße mit 5 Bars und Restaurants, 2 Hotels , einigen Ferienhäuschen und einer Wiese als Camping. Alles heute am Sonntag, high noon, sehr gut besucht von albanischen Familien. Wir finden einen Parkplatz am Straßenrand, packen den Roller aus und fahren erst einmal die Straße weiter zur Passhöhe.
Dort endet abrupt der Teerbelag und auch für den Roller ist die Weiterfahrt nicht zu empfehlen. Wir stellen ihn gerade am Wegesrand ab, um ein Stück weiter zu wandern, da kommt uns von unten ein weißer G-Mercedes mit Dachzelt entgegen. Ein junges Pärchen mit Mainzer Kennzeichen hat den Weg aus Burrel herauf geschafft. Ein Wegstück sei jedoch durch einen Erdrutsch versperrt und sie hätten über eine einfach durch den Wald geschobene Piste ausweichen müssen.
Wir erlaufen die Gegend noch eine kleine Weile, bevor wir auf dem Rückweg im Passhöhen-Hotel zum Essen einkehren. Die Temperaturen sind so, dass wir einen Tisch in der Sonne wählen und genüsslich Lamm mit Salat verspeisen.
Wieder zurück im Dorf hat sich der Rummel der Tagesgäste schon wieder ziemlich verzogen und wir schauen uns den Campingplatz an und finden alles, was wir brauchen: eine Wiese, Wasser, noch etwas Abendsonne und das alles für:“ No LEK! Free!“ Der umgebenden Bäume wegen, darunter ein blühender Apfelbaum vor dem Auto, fällt der Fernsehempfang heute Abend aus. Dafür haben wir Zeit zum Bericht schreiben. -Aber kein Internet.